Im Laufe der Geschichte entstanden unzählige neue Berufe. Andere verschwanden von der Bildfläche oder mussten sich dem Wandel der Zeit anpassen. Berufe im Wandel früher und heute, so gibt es heute zum Beispiel keine Köhler, Wagner, Laternenträger oder Gaslaternenanzünder mehr. Wenn überhaupt, gibt es diese Berufe nur noch in wenigen Nischen. Obwohl diese Berufe einst essenziell und gefragt waren, wurden diese im Zuge der Weiterentwicklung des Menschen, der Industrialisierung und der Automatisierung überflüssig. Unsere Nachforschungen in der Fachliteratur, bei Gewerkschaften, Thinktanks, Universitäten, Unternehmensberatungen, staatlichen Institutionen und unsere eigene Expertise bieten Ihnen eine kompakte Übersicht über jene Berufe, die im Begriff sind zu verschwinden und jene, die in der Zukunft wichtig bleiben oder werden.
Von Daniele Bardaro, Senior Talent Acquisition Expert
8 Minuten Lesezeit
Industrielle Revolution 1.0 bis 4.0
Berufe im Wandel früher und heute – Die Veränderungen
Ende des 18. Jahrhunderts begann die erste industrielle Revolution, welche durch die Einführung mechanischer Produktionenanlagen mithilfe von Wasser- und Dampfkraft ausgelöst wurde. Keine hundert Jahre später erfolgte bereits die zweite industrielle Revolution durch die Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mit Unterstützung von elektrischer Energie, wie die Einführung der Fliessbandproduktion von Autos durch Henry Ford. Die vorletzte Revolution begann 1969.
Hier wurde zum ersten Mal die Automatisierung der Produktion unter Einsatz von Elektronik und IT erheblich erweitert. Jede dieser technischen Neuerungen brachte grosse Veränderungen für die Arbeitgeber, aber auch für die Arbeitnehmer mit sich. Nun stehen wir an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution, die auch Industrie 4.0 genannt wird. Dieser neue Schritt ermöglicht es, die Automatisierung mit einem allumfassenden Datenaustausch in den Fertigungstechnologien zu kombinieren. Viele klassische Berufe werden dadurch noch mehr automatisiert oder digitalisiert. Dies betrifft nicht nur die Industrie – auch im Einzelhandel oder bei anderen Dienstleistungssektoren wird es für die Arbeitnehmer tiefgreifende Veränderungen geben.
Berufe vom Aussterben bedroht
Ein Blick in den Supermarkt zeigt uns bereits heute: Das Konzept des sogenannten «self-checkouts» erfreut sich grosser Beliebtheit und scheint sich immer mehr durchzusetzen. Dank der Selbstbedienungskassen ohne Kassier lassen sich lange Warteschlangen vermeiden und der Bezahlprozess für den Kunden wird beschleunigt. Die Nachfrage nach klassischen Kassierern, die an der Kasse sitzen und Produkte einscannen, wird also in Zukunft stark sinken. Allerdings wird es vorerst weiterhin Personal benötigen, um die Selbstbedienungskassen zu überwachen und den Kunden bei Problemen zu assistieren.
Ein weiteres Beispiel ist der klassische Beruf des Call-Agents, der in modernen Call-Centern immer mehr durch künstliche Intelligenz verdrängt wird. Auch das Berufsbild des Maschinenführers wird sich verändern, da die Maschinen anfangen werden, sich selbst zu führen und auch in der Lage sein werden, komplexere Probleme allein zu lösen. Ebenso wird insbesondere das Arbeitsfeld des Gabelstaplerfahrers immer mehr von Maschinen übernommen. In derselben Masse wird es in näherer Zukunft auch weniger Bibliothekare, Buchhalter, Steuerberater oder Reisekaufleute geben.
Weiter ist das Berufsbild einer klassischen Sekretärin, wie wir es heute kennen, am Aussterben. Die Oxford Universität hat im Rahmen der Untersuchung «The Future of Employment» festgestellt, dass 47% von 700 analysierten Berufen in Zukunft von Automatisierung und damit der Industrie 4.0 bedroht sind. Besonders jene Berufe, die heute mit Papier zu tun haben, werden den Wandel früher oder später zu spüren bekommen, denn das Büro der Zukunft wird zunehmend papierlos sein und viele verschiedene Softwares erleichtern die Arbeit für den Einzelnen.
Die Prognosen für die Zukunft
Im Folgenden möchte ich Ihnen eine Übersicht über jene Wirtschaftszweige und Branchen, die in Zukunft stagnieren oder abnehmen werden. Die Übersicht basiert auf unverbindlichen Prognosen und Untersuchungen von Experten.
Stagnation der Beschäftigungszahlen
- Energie- und Wasserwirtschaft
- Entsorgungswirtschaft
- Gastgewerbe
- Giessereien
- Immobilien
- Stahl- und Metallverarbeitung
- Werbewirtschaft
Senkung der Beschäftigungszahlen
- Banken
- Bergbau
- Druckindustrie
- Holzverarbeitung
- Keramische Industrie
- Papierfabriken
- Einzelhandel
- Lebensmittelhandel
- Versicherungswirtschaft
- Mineralölverarbeitung
Die schlechtesten Jobs für die nahe Zukunft
- Textilmaschinenarbeiter
- Taxifahrer
- Kassierer
- Arbeiten am Fliessband
- Maschinenführer
- Verkäufer
- Printjournalist
- Gabelstaplerfahrer
- Fachkraft für Lagerlogistik
Angst vor technischem Fortschritt
Vielen Arbeitnehmern macht dieser schleichende Prozess Angst. Doch dies ist nicht das erste Mal, dass Menschen befürchten von Maschinen ersetzt zu werden. Schon zu Beginn der Industrialisierung hatten die Menschen eine grosse Furcht davor, durch die Dampfmaschine oder das Automobil ersetzt zu werden. Natürlich gingen durch diese Veränderungen Berufe verloren, wie der Postkutschenfahrer oder der klassische Telegrammbote. Allerdings wird oft vergessen, dass mit dem Wandel auch stets neue Jobprofile und Chancen geschaffen werden.
Wenn es uns nicht so ergehen soll wie den Arbeitskräften in Gerhart Hauptmanns Drama «Die Weber», in welchem diese wegen der drohenden Erwerbslosigkeit unter immer schlechteren Bedingungen arbeiten mussten, sollte man sich rechtzeitig nach einem zukunftsfähigen Job umsehen. Wichtig ist auch den eigenen Beruf immer hinterfragen.
Berufe und Arbeitnehmer, die fit für die Zukunft sind
Für Berufstätige, die bereits im Arbeitsleben sind, bedeutet das, dass man sich diesen Entwicklungen stellen, sich anpassen und sein Wissen sowie seine Fähigkeiten erweitern muss. Die Zeiten, in denen man als Lehrling in einem Betrieb begonnen hat und dort bis zum Ruhestand gearbeitet hat, sind so gut wie vorbei. Die Arbeitswelt ist viel dynamischer geworden und verschiedene Arbeitsstellen, Fortbildungen, Umschulungen und unterschiedlichste Aufgaben bereichern die eigenen Erfahrungen und den Lebenslauf.
Berufe entstehen und wandeln sich permanent, weshalb sich auch jeder Berufstätige persönlich anpassen sollte. Man muss umdenken und sich von dem Gedanken der einmaligen Ausbildung verabschieden. Es geht hin zum lebenslangen Lernen und Anpassen, wie es auch in der Evolution der Fall ist. Denn genau das ist es, was für die Berufe der Zukunft benötigt wird. Und genauso wird sich das klassische Bild des Arbeitnehmers ändern. Der Arbeitnehmer der Zukunft wird agiler in der Arbeitswelt unterwegs sein. Und daher gilt es für jeden Arbeitnehmer, entweder von sich aus oder mithilfe eines Job- und Bewerbungscoaching sich für die Zukunft zu rüsten und die Möglichkeiten auszuloten.
Natürlich werden durch die Digitalisierung die sozialen Berufe und das klassische Handwerk nicht verschwinden. Allerdings müssen sich auch diese anpassen und Handwerksbetriebe weiterhin ihre Nischen finden, um zu bestehen. Berufe wie Altenpfleger, Pfleger, Krankenschwester oder Arzt werden gerade hinsichtlich des demografischen Wandels ohne Frage weiterhin ihre Daseinsberechtigung haben.
Die aussichtsreichen Berufe
Auch wenn die Digitalisierung zunehmende Automatisierung bringt, bedeutet das für den Menschen keineswegs das Aus in technischen Berufen. Doch ist eine frühzeitige Spezialisierung hier besonders wichtig, um für später den richtigen Job zu haben. Besonders Ingenieure, Anlagenbauer sowie hoch spezialisierte Anlagenführer werden in den kommenden Jahrzehnten immer stärker nachgefragt sein, da sich die Wirtschaft immer schneller entwickeln und man immer Fachpersonal benötigen wird, welches die hochkomplexen Maschinen entwickeln, bedienen und reparieren kann.
Im Folgenden liefern wir Ihnen eine Übersicht über Berufsfelder, Ausbildungen und Industriezweige, die gemäss Prognosen grosses Potenzial für die Zukunft haben.
Technische und IT-Berufe mit Zukunft
Je spezialisierter der Einzelne ist, umso sicherer dürfte seine Position auch morgen noch sein, dies zeigt auch die Auswirkung des Fachkräftemangels der heutigen Zeit auf. Auch wenn das rosige Zukunftsbild des IT-Spezialisten Sicherheit verspricht, müssen auch diese sich determinieren und mehr als nur allgemeine IT-Grundlagenkenntnisse aufweisen können, denn immer mehr Menschen werden auch diesen Karriereweg einschlagen.
Es gilt der Grundsatz: Den Spezialisten gehört die Zukunft.
- Elektroniker für Betriebstechnik
- Mechatroniker
- Technischer Systemplaner
- IT-Projektleiter
- IT-Sicherheitsexperte
- SAP-Berater & Entwickler Data Artist
- Data ScientistIngenieur für Energietechnik
- Vertriebsingenieur
- mathematisch-technischer Zeichner
- Softwareentwickler
- Wirtschaftsmathematik
- Softwareentwickler
- App-Entwickler
- Computersystemanalytiker
- Ingenieure für Machine Learning
Kreative Berufe mit Zukunft
Berufe der Zukunft können auch kreativ sein, wobei die Kombination mit technischem Wissen notwendig ist.
- Social Media Manager
- Online-Marketing-Manager
- Grafikdesigner
- Texter
- Kommunikationsdesigner
- Medien- & Geisteswissenschaftler
- Social Media Manager
- Social Technologist
Ausbildungen mit Zukunft
- Kaufmann in E-Commerce
- Industriekaufmann
- Kaufmann für Büromanagement
- Kaufmann im Gross- und Aussenhandel
- Chemielaborant
- Lebensmitteltechniker
- Pharmakant
- Altenpfleger
- Augenoptiker
- Hörakustiker
- Gesundheits- und Krankenpfleger
- Fachinformatiker
- Informatikkaufmann
Die aussichtsreichsten Berufe trotz Digitalisierung
- Pflegemanagement
- Sozialwissenschaftler
- Zahnarzt und Allgemeinmediziner
- Krankenschwester
- Physiotherapeut
- Gesundheitsdienstleiter
- Arzthelferin
- Zahnhygieniker
- Marktforschungsanalyst
- Persönlicher Finanzberater
- Category Manager
- Umwelttechniker
- Building Information
- Modelling Manager
- Drohnen-Pilot
- Content-Manager
- Sprachpathologe
Zukunftssichere Industriezweige
- Baugewerbe
- Bauindustrie
- Chemische Industrie
- Elektroindustrie
- Ernährungsindustrie
- Feinmechanik und Optik
- Glasindustrie
- Gross- und Aussenhandel
- Informationswirtschaft
- Kunststoffverarbeitung
- Messewirtschaft
- Meerestechnik
- Luft- und Raumfahrt
- Erneuerbare Energien
«Totgeglaubte» Berufe
Allerdings gibt es auch Berufe, die man vor 20 Jahren fast tot geglaubt hatte und die nun wieder einen wahren Boom erfahren, wie der Beruf des Fahrradmechanikers, natürlich auch gefördert durch die Coronakrise. Durch ein grösser werdendes Umweltbewusstsein und das wachsende Bedürfnis sich fit zu halten, steigen viele Menschen wieder auf das Fahrrad. Dies führt unweigerlich zu einem Fachkräftemangel in diesem Bereich. Auch der Trend des E-Bikes unterstützt diesen Trend, so die Vereinigung der Schweizer Fahrradimporteure.
Viele Jobs, in denen Empathie wichtig ist, wurden in den vergangenen Jahrzehnten weitgehend rationalisiert. Trotzdem findet besonders in Grossstädten ein Umdenken statt, wo Start-ups und kleine Geschäfte die Beratung, die persönliche Kundennähe und das Verkaufsergebnis wieder in den Fokus stellen und somit Empathie auch wieder einen wichtigen Stellenwert in Nischen der Geschäftswelt bildet.
Auch die Berufe des Brauers und Destillateurs finden wieder mehr Anklang, besonders in Mikro-Brauereien und Mikro-Destillerien, die auf Qualität und Einzigartigkeit setzen und dem Trend der Standardisierung und Vereinheitlichung entgegentreten. „Die Schweiz weist mittlerweile weltweit eine der grössten, wenn nicht die grösste Brauereidichte pro Einwohner auf. Auf 12‘600 Schweizer kommt eine Brauerei, in Deutschland sind es 57‘000 Einwohner pro Brauerei“, so der Schweizer Brauerei-Verband SBV. Derart aufgestellt, kann das Handwerk sich auch in Zukunft behaupten und benötigt gut geschultes Fachpersonal.
Veränderungen auf dem Land und in der Stadt
Dank der Digitalisierung werden immer mehr Menschen die Möglichkeit haben, produktiv von zu Hause arbeiten zu können und werden nur noch unregelmässig zur Arbeitsstelle pendeln müssen. Mithilfe des digitalen Büros und schneller Kommunikationsmittel können Arbeitnehmer selbst entscheiden, ob sie lieber auf dem Land oder in der Stadt wohnen möchten, wodurch der Standort des Arbeitgebers zunehmend an Bedeutung verliert.
Kleinstunternehmen, Kleinunternehmen sowie der Mittelstand werden künftig in der Lage sein, eine globale Kundschaft zu erreichen. Man spricht bereits seit einiger Zeit vom «Globalen Dorf», welches in Zukunft noch kleiner werden wird. Zwar wächst die globale Konkurrenz auch, aber durch weitgreifendes Know-how, exquisite Qualität und hohe Zuverlässigkeit kann die Schweiz auch hier punkten. Laut BITKOM e.V. können sich 62% der Befragten einer Studie vorstellen, dass die Digitalisierung eine grosse Chance bietet, das Leben in der Stadt und auf dem Land lebenswerter zu machen.
Chancen sehen statt Veränderungen fürchten
Seit über 200 Jahren passt sich der Mensch dem technischen Fortschritt und den Veränderungen an. Berufe entwickelten sich oder verschwanden. Wichtig ist, dass man keine Angst vor den Veränderungen hat, sondern sich offen den neuen Herausforderungen stellt. Man muss sich seiner Fähigkeiten und Vorlieben bewusst sein und dafür sorgen, dass man diese mit den Berufsbildern der Zukunft in Einklang bringen kann. Die Zukunft ist nicht schwarz, sondern steckt voller Möglichkeiten und Chancen, die wir noch gar nicht fassen können. Sicherlich hätte sich jemand aus dem 19. Jahrhundert nicht vorstellen können, dass es mal das «Fräulein vom Amt» geben wird und diese wiederum hatte keine Vorstellung davon, dass man mal als Drohnen-Pilot sein Geld verdienen kann.