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Kann man Schweizer Arbeitszeugnisse für Bewerbungen in Deutschland verwenden?

Ungefähre Lesezeit: 3 Minuten

Viele Schweizer Fach- und Führungskräfte bewerben sich auch in Deutschland. Dabei taucht oft die Frage auf, wie ein Schweizer Arbeitszeugnis im deutschen Kontext verstanden wird. Der Schreibstil und die Bewertungssystematik unterscheiden sich teils erheblich – was in der Schweiz als Bestnote gilt, kann in Deutschland zurückhaltend oder sogar negativ wirken.

In diesem Artikel erfahren Sie, welche Unterschiede zwischen Schweizer und deutschen Arbeitszeugnissen bestehen, worauf Sie achten sollten und wie Sie Missverständnisse vermeiden.

Kann ich mein Schweizer Arbeitszeugnis für Bewerbungen in Deutschland verwenden?

Teilweise. Schweizer Arbeitszeugnisse können zwar grundsätzlich in Deutschland eingereicht werden, jedoch besteht die Gefahr von Missverständnissen. Grund dafür ist der Schweizer Schreibstil, der sich deutlich vom deutschen unterscheidet.

Während in Deutschland sehr überschwängliche Formulierungen üblich sind, gelten in der Schweiz bereits zurückhaltendere Formulierungen wie «jederzeit sehr verantwortungsvoll» als Bestnoten. Für deutsche HR-Abteilungen und Linienvorgesetzte kann dies unter Umständen zu einer falschen Interpretation führen.

Best Practice für Schweizer Arbeitszeugnisse

Es ist empfehlenswert, das Zeugnis zuerst in der Schweiz prüfen und bewerten zu lassen. Eine solche Bewertung mit einem Bericht kann anschliessend dem Bewerbungsdossier beigefügt werden. Damit stellen Sie sicher, dass Ihr Arbeitszeugnis im deutschen Kontext richtig verstanden wird und mögliche Vorbehalte oder Missverständnisse gar nicht erst entstehen.

Wenn Sie mehrere Zeugnisse zur Bewertung haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf. Wir können für Sie auch eine umfassende Expertise sämtlicher Zeugnisse erstellen. Mit uns Kontakt aufnehmen.

Welche Unterschiede bestehen zwischen Schweizer und deutschen Arbeitszeugnissen?

Die Unterschiede liegen vor allem in der Sprache und der Bewertungssystematik.

In der Schweiz ist das Arbeitszeugnis im Obligationenrecht (Art. 330a OR) klar geregelt: Es muss wahr, wohlwollend und vollständig sein. Der Schreibstil ist meist sachlich, und bereits eine positive Formulierung wie «jederzeit sehr verantwortungsvoll» oder «leistete stets einwandfreie Arbeit» gilt als Bestnote.

In Deutschland hingegen hat sich über die Jahre ein System von Zeugnis-Codes etabliert. Sehr gute Leistungen werden oft mit übersteigerten Formulierungen beschrieben.

Beispiele für Unterschiede zwischen Schweizer und deutschen Arbeitszeugnissen:

Schweiz (sehr gut):

«Er erledigte seine Aufgaben sehr verantwortungsvoll.»

Deutschland (gleiche Bewertung „sehr gut“): Der gleiche Satz würde in Deutschland eher nur als genügend eingestuft. Um die Note sehr gut auszudrücken, müsste er wie folgt formuliert sein:

«Er erledigte seine Aufgaben stets in höchstem Masse zu jeder Zeit sehr verantwortungsvoll.»

Ein Beispiel vom Adjektiv „tadellos“

Ein weiteres Beispiel betrifft das Adjektiv „tadellos“:

In der Schweiz ist «tadellos» eindeutig positiv gemeint und bedeutet ohne jeglichen Makel.

In Deutschland kann «tadellos» als codierte Aussage verstanden werden, mit der angedeutet wird, dass es «doch etwas zu tadeln gab».

Wir haben dies auch in Gesprächen mit deutschen HR-Kollegen bestätigt bekommen: Was in der Schweiz als klare Bestätigung einwandfreien Verhaltens gilt, kann in Deutschland missverstanden oder sogar als abwertend gedeutet werden.

Daher ist es wichtig, diese Unterschiede zu kennen, wenn man sich mit einem Schweizer Zeugnis in Deutschland bewirbt.

Soll ich mein Schweizer Arbeitszeugnis für Bewerbungen in Deutschland prüfen lassen?

Nein, eine zusätzliche Prüfung in Deutschland ist in der Regel nicht nötig. Entscheidend ist jedoch, die Unterschiede in der Formulierung zu kennen. Während in Deutschland sehr starke Steigerungen üblich sind (z. B. «zu jeder Zeit im höchsten Masse sehr verantwortungsvoll»), gilt in der Schweiz bereits die Formulierung «jederzeit sehr verantwortungsvoll» als ausgezeichnete Bewertung.

Deutsche Zeugnisprüfer können ein Schweizer Arbeitszeugnis deshalb teilweise als zu schwach oder sogar negativ interpretieren, obwohl es im Schweizer Kontext sehr positiv gemeint ist. Ein Schweizer Experte hingegen erkennt die Aussagekraft der Formulierungen richtig und kann das Zeugnis im hiesigen Standard bewerten.

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