Jeder kennt die Situation: Sie sind auf Stellensuche und haben sich von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber ein Arbeits- oder Zwischenzeugnis ausstellen lassen. Und siehe da: Es klingt hervorragend! Doch freuen Sie sich nicht zu früh, denn oft trügt der Schein. Was ist denn bei einem Arbeitszeugnis wichtig? Werden Sie beispielsweise als «pünktlich», «zuverlässig» oder «verantwortungsbewusst» bezeichnet, scheint dies auf den ersten Blick zwar positiv zu sein, aber Hand aufs Herz: Sind das nicht Voraussetzungen, die jeder Arbeitnehmer mitbringen sollte? Wenn Ihre einzigen lobenswerten Eigenschaften sind, dass Sie pünktlich auf der Arbeit erscheinen und Ihre Arbeit so erledigen, wie verlangt, haben Sie auf dem Arbeitsmarkt keine sonderlich guten Karten. Wir erklären Ihnen, worauf Sie bei Ihrem Arbeits- und Zwischenzeugnis achten sollten und wieso Sie unbedingt eine gute Prüfung Ihres Arbeitszeugnisses benötigen.

Von Daniele Bardaro, Experte Arbeitszeugnisse
3 Minuten Lesezeit

Benötige ich ein Arbeits- oder Zwischenzeugnis?

Einige von Ihnen stellen sich vielleicht die Frage, ob Sie überhaupt ein Arbeits- oder Zwischenzeugnis benötigen. Schliesslich ist auch aus Ihrem Lebenslauf ersichtlich, welchen Beruf Sie ausgeübt und mit welchen Tätigkeiten Sie sich befasst haben. Trotzdem ist in der Schweiz das Arbeits- oder Zwischenzeugnis ein unabdingbares Dokument für ein aussagekräftiges Bewerbungsdossier. Es bietet nicht nur einen detaillierten Einblick über Ihre Tätigkeiten im Unternehmen, sondern hebt auch Ihre besonderen Fähigkeiten und Leistungen hervor. Ausserdem wird darin auf Ihren Umgang mit den Mitarbeitenden sowie auf Ihre Arbeitsmoral eingegangen.

Grundsätze eines Arbeitszeugnisses

Im Gesetz sind die Grundsätze, wie ein Zeugnis verfasst und formuliert werden muss, klar definiert und beschrieben. Davon stellen wir die wichtigsten Grundsätze vor.

Der Grundsatz des Wohlwollens

Ein Zeugnis darf das wirtschaftliche und berufliche Fortkommen eines Arbeitnehmers nicht erschweren oder verhindern. Daher gelten in Arbeits- und Zwischenzeugnis der Grundsatz des Wohlwollens. Negative Leistungs- oder Verhaltensbeurteilungen dürfen nur bei schwerwiegenden Vorkommnissen und wiederholtem Auftreten in ein Zeugnis abgefasst werden.

Der Grundsatz der Wahrheit

Jedes Arbeitszeugnis muss inhaltlich korrekt abgefasst werden. Die darin abgefassten Beurteilungen müssen objektiv sein und für jeden Leser überprüfbar und feststellbar sein. Vorkommnisse, welche die Arbeit massiv beeinträchtigt haben, müssen in einem Arbeitszeugnis beschrieben werden.

Der Grundsatz der Transparenz und Klarheit

Ein Arbeits- oder Zwischenzeugnis muss für jedermann allgemein klar, verständlich und transparent sein. Zweideutige Formulierungen und intransparente Beurteilungen sind nicht erlaubt und gehören in die Kategorie der Codierungen und Geheimcodes.

Der Grundsatz der Vollständigkeit

Auch darf in einem Arbeits- oder Zwischenzeugnis nichts fehlen. Das offensichtliche «nicht beurteilen» von Leistung oder Verhalten kann auch als qualifiziertes Schweigen wahrgenommen und verstanden werden. Dann muss der Leser davon ausgehen, dass der Arbeitgeber mit der Leistung und dem Verhalten nicht zufrieden war.

Wie die oben beschriebenen Punkte in der Praxis umgesetzt wird, ist unterschiedlich. Auch darf ein Arbeitszeugnis keine Stolperfallen enthalten. Nachfolgend geben wir Ihnen einige Hinweise darüber, wie ein Arbeitszeugnis aussehen kann oder sollte.

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Wann ist ein Arbeitszeugnis wichtig?

Ein Arbeitszeugnis oder Zwischenzeugnis sind in der Schweiz fast so wichtig wie ein Diplom nach einer Ausbildung und kann Ihr Tor zu Ihrer neuen Stelle sein. Und Sie haben nach Artikel 330 OR immer ein Anrecht auf ein Zeugnis. Oft steht und fällt die Entscheidung, ob Sie in die engere Auswahl einbezogen oder zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, mit der Qualität und dem Inhalt Ihres Zeugnisses.

Daher kann eine Prüfung Ihres Arbeitszeugnisses oder Zwischenzeugnis eine lohnende Investition sein. Wenn Sie Ihrem Dossier kein Arbeitszeugnis beilegen, wird Ihre Bewerbung von den Entscheidungsträgern womöglich sogar gänzlich ignoriert. Verzichten Sie also keinesfalls auf dieses wichtige Dokument. Falls Ihnen Ihr Arbeitgeber nach Austritt von sich aus kein Arbeitszeugnis ausstellt, dürfen Sie eines verlangen – es ist Ihr gutes Recht!

Wie sieht man, ob ein Zeugnis schlecht ist?

Ein Arbeitszeugnis unterliegt in der Schweiz gewissen Vorschriften. Bei guten Leistungen des Arbeitnehmers bereitet dies dem Verfasser des Zeugnisses keine grossen Probleme. War Ihr ehemaliger Arbeitgeber mit Ihrer Leistung oder Ihrem Verhalten jedoch unzufrieden, stellt sich ihm eine knifflige Aufgabe. Denn das Gesetz schreibt einerseits vor, dass ein Arbeitszeugnis wohlwollend formuliert sein muss, andererseits muss es aber auch wahrheitsgetreu sein. Und in der Regel endet das Wohlwollen bei der Wahrheit. Wie kann also eine mangelhafte Leistung beschrieben werden, ohne den Arbeitnehmer direkt zu kritisieren?

«Codes» im Arbeitszeugnis

Um ungenügende Leistungen zu beschreiben, greifen viele Arbeitgeber daher zu sogenannten «Codes oder Geheimsprache». Die Schweizerische Eidgenossenschaft beschreibt beim Thema Arbeitszeugnis Codes als «vordergründig neutrale oder positive Formulierungen, durch welche für Eingeweihte negative Botschaften gegeben werden». Vereinfacht ausgedrückt heisst das, dass schlechte Leistungen oder mangelhaftes Verhalten mit vermeintlich positiven Formulierungen umschrieben werden. Diese Formulierungen lassen viel Interpretationsspielraum und liefern Ihrem potenziellen zukünftigen Arbeitgeber ein Indiz, dass Ihre Leistungen nicht zufriedenstellend waren.

Rechtliche Grauzone

Codierte Arbeits- oder Zwischenzeugnisse sind zwar per Gesetz verboten, doch bewegen wir uns hier in einer rechtlichen Grauzone. Einerseits ist es nur schwer zu definieren, wann ein Arbeitszeugnis als «codiert» gilt und wann nicht, andererseits kennen sich nicht alle Personalverantwortlichen mit der Codierung von Arbeitszeugnissen aus. So greift der Verfasser womöglich unbewusst und ohne böse Absichten zu bestimmten Formulierungen, die beim neuen Arbeitgeber ein schlechtes Licht auf Ihre Leistungen werfen. Es ist daher nahezu unmöglich zu bestimmen, ob ein Arbeitszeugnis bewusst codiert verfasst wurde oder ob dies unfreiwillig geschehen ist.

Negative Formulierungen

Trotzdem ist ihr Arbeitszeugnis mit Vorsicht zu geniessen. Insbesondere bei Sätzen wie «Er/Sie bemühte sich …» oder Formulierungen wie «ausreichend» oder «zufriedenstellend» sollten bei Ihnen die Alarmglocken läuten. Solche Umschreibungen werden meist verwendet, um ungenügende oder unterdurchschnittliche Leistungen schönzureden. Wer sich nur um ein Ziel bemüht hat, hat es nicht erreicht und ein Arbeitnehmer, dessen Leistungen nur ausreichend waren, hat nicht mehr geleistet, als zwingend nötig. Weiter gilt zu beachten, dass ein «gut» in einem Arbeits- oder Zwischenzeugnis nicht immer einem guten Zeugnis entspricht. Grund hierfür ist die bereits erwähnte Regel, dass ein Arbeitszeugnis immer wohlwollend formuliert werden muss. Gute Leistungen enthalten Verstärker wie «stets» oder «jederzeit» und die Sätze sind klar und eindeutig zu verstehen. Vorsicht ist geboten, wenn Sätze verschachtelt und missverständlich formuliert sind, die eine freie Interpretation zulässt und in verschiedenen Varianten verstanden werden kann. Es ist es daher umso wichtiger, dass ein Zeugnis ohne Stolperfallen aufgebaut ist und den Anforderungen der heutigen Zeit entspricht.

Weglassen von Formulierungen

Ein weiteres verbreitetes Mittel ist das bewusste Weglassen von bestimmten Leistungen. Dies ist insbesondere dann kritisch, wenn besagte Leistungen oder Fähigkeiten für die ausgeübte Stelle von grosser Bedeutung waren. Wird unter anderem ein Verkäufer nicht für seine Kundenfreundlichkeit und sein freundliches Auftreten gelobt, hat er seinen Job wohl nicht sonderlich gut gemacht. Das Gleiche gilt für den Austrittsgrund, denn dieser darf nur dann genannt werden, wenn er «zur Würdigung der Arbeitnehmerin, des Arbeitnehmers beiträgt». Das Fehlen des Austrittsgrundes im Arbeitszeugnis ist daher meist kein gutes Zeichen. Doch auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel: Insbesondere bei befristeten Anstellungen ist es üblich, dass kein konkreter Austrittsgrund genannt wird.

Darf eine Krankheit im Zeugnis erwähnt werden?

Beschluss Arbeitsgericht

Auch hier musste eine Firma aufgrund eines Beschlusses des Arbeitsgerichtes in Zürich ein Zeugnis abändern. Darin wurde vermerkt, dass ein Arbeitnehmer bei einer Anstellung von 36 Monaten während 8 Monaten krank war. Ein Arbeitgeber, der dieses Zeugnis liest, könnte annehmen, dass die Leistungsfähigkeit vermindert sei oder der Arbeitnehmer nicht Willens sei, die Leistung zu erbringen. Da es sich aber um eine abgeschlossene Krankheit handelte und die Leistungen ansonsten gut waren, musste dieser Hinweis entfernt werden. Kommt hinzu, dass die Erwähnung von Krankheitsausfällen in Arbeitszeugnissen der Verhältnismässigkeit unterstehen. Bei einem Arbeitnehmer, der während einer Anstellung von 12 Monaten rund 9 Monate krank war, darf von einer Verhältnismässigkeit gesprochen und der Ausfall darf im Zeugnis vermerkt werden.

Schadenersatzpflichtig

Auch sind sich viele Arbeitgeber nicht bewusst, dass sie schadenersatzpflichtig werden, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund eines ungerechtfertigt schlechten Zeugnisses keine neue Stelle findet. Dies gilt ebenfalls, wenn Unternehmen das Zeugnis nicht oder verspätet ausstellen wollen. Dies kommt leider häufiger vor, wenn die Kündigung angefochten wird. Jedoch haben Arbeitnehmer von Gesetzes wegen jederzeit und ohne Grund Anspruch auf ein Zeugnis.

Was mache ich, wenn ein Zeugnis nicht gut ist?

Wie auch immer Ihr Arbeitszeugnis aussehen mag: Lassen Sie sich von möglichen Codes und vagen Formulierungen nicht verunsichern. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie von Ihrem Arbeitgeber ein codiertes oder nicht wahrheitsgetreues Arbeitszeugnis erhalten haben, suchen Sie am besten das persönliche Gespräch. Fragen Sie nach, warum genau diese Formulierung gewählt wurde oder weshalb eine gewisse Leistung nicht erwähnt wurde. Im persönlichen Diskurs mit dem Verfasser Ihres Zeugnisses können Unklarheiten aus dem Weg geräumt werden.

Intervenieren dürfen Sie auf alle Fälle auch dann, wenn einmalige negative Ereignisse in Ihrem Arbeitszeugnis erwähnt werden. Solche Formulierungen haben im Arbeitszeugnis nichts verloren und sind gesetzlich untersagt. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, Ihr Arbeitszeugnis professionell überprüfen zu lassen. So haben Sie die Gewissheit, dass Ihr Arbeitszeugnis oder Zwischenzeugnis den rechtlichen, formalen und inhaltlichen Anforderungen entspricht. Sollte dies nicht der Fall sein, können Sie bei Ihrem Arbeitgeber eine Korrektur verlangen. Denn vergessen Sie nie: Ihr Arbeitszeugnis ist Ihr Tor zu Ihrer neuen Stelle!

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