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Was bedeutet beredetes oder qualifiziertes Schweigen im Arbeitszeugnis?

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In einem Arbeitszeugnis sind bestimmte Aussagen üblich – etwa zur Leistung, zum Verhalten oder zur Zusammenarbeit. Werden solche Standardformulierungen plötzlich ausgelassen, kann das Fragen aufwerfen. Dieses gezielte Weglassen wird in der Zeugnissprache als beredetes Schweigen oder qualifiziertes Schweigen bezeichnet.

Was bedeutet qualifiziertes oder beredetes Schweigen?

Die Begriffe beredetes Schweigen und qualifiziertes Schweigen bedeuten dasselbe und werden synonym verwendet. Beide beschreiben den Fall, dass im Arbeitszeugnis eine bewusst erwartete Aussage weggelassen wird – und genau dieses Weglassen eine implizite Botschaft vermittelt.

Solche Auslassungen betreffen meist typische Beurteilungsbereiche wie:

  • das Verhalten gegenüber Vorgesetzten oder im Team
  • die Kundenorientierung oder das Teamverhalten
  • die Arbeitsweise oder Leistungsbereitschaft

Wird eine dieser Aussagen vollständig ausgelassen, kann dies als verdeckter Hinweis auf Schwächen, Konflikte oder mangelnde Eignung gewertet werden – auch wenn im Zeugnis nichts explizit Negatives steht. Dieses „Nicht-Erwähnen“ wird dann selbst zur Aussage.

Was gilt rechtlich – und wann ist beredetes Schweigen zulässig?

Ein Arbeitszeugnis muss in der Schweiz wahr, klar, vollständig und wohlwollend sein. Das bedeutet: Auch das, was nicht erwähnt wird, kann rechtlich relevant sein. Wenn im Zeugnis eine Aussage gezielt ausgelassen wird – beispielsweise zur Zusammenarbeit, Kundenorientierung oder Führung – und dabei bekannte Schwierigkeiten verschwiegen werden, spricht man von beredetem oder qualifiziertem Schweigen.

Zulässig ist eine solche Auslassung nur, wenn sie für einen neutralen Leser klar als bewusstes Weglassen erkennbar ist – also selbst eine indirekte Aussage darstellt. Ist hingegen unklar, ob die Auslassung gewollt oder versehentlich passiert ist, kann das Zeugnis als missverständlich oder sogar irreführend gelten. In solchen Fällen widerspricht es dem Grundsatz der Klarheit und ist formal unzulässig.

💡 Hinweis: In der Praxis kommt es durchaus vor, dass eine wichtige Aussage unbewusst weggelassen oder vergessen wird – etwa weil die beurteilende Person unter Zeitdruck steht oder bestimmte Aspekte nicht mehr präsent hat. Wenn Ihnen eine solche Lücke auffällt, weisen Sie höflich darauf hin und bitten Sie um Ergänzung. So lässt sich oft unkompliziert eine faire und vollständige Lösung finden.

Die Voraussetzungen für ein qualifiziertes Schweigen

Damit ein beredetes Schweigen rechtlich haltbar ist, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Die Auslassung muss offensichtlich sein: Es fehlt eine Aussage, die im Zeugniskontext als selbstverständlich gilt – etwa zum Verhalten im Team oder zur Kundenorientierung.
  2. Sie muss bewusst erfolgt sein: Es darf sich nicht um ein redaktionelles Versehen handeln. Das bewusste Weglassen muss Teil der Zeugniskonzeption sein.
  3. Beide Parteien sollten informiert sein: Idealerweise ist die Auslassung im Gespräch mit der betroffenen Person abgestimmt oder nachvollziehbar dokumentiert – etwa im Rahmen einer Beurteilung oder Trennungssituation.

💡 Hinweis: Wenn eine solche Auslassung im Zeugnis steht, ohne dass sie abgesprochen oder begründet ist, besteht ein berechtigter Anspruch auf Korrektur oder Ergänzung – insbesondere dann, wenn sie negative Folgen für die Bewerbung haben könnte.

Die Risiken von beredetem Schweigen

Ein scheinbar neutraler Satz, dem bestimmte Standardformulierungen fehlen, kann im Bewerbungsprozess kritisch gewertet werden – etwa als Hinweis auf Konflikte, schwache Teamfähigkeit oder fehlende Kundenorientierung. Solche indirekten Botschaften führen oft zu Verunsicherung oder Ablehnung, da Personalverantwortliche zwischen den Zeilen lesen.

Besonders heikel: Der oder die Betroffene merkt oft gar nicht, dass das Zeugnis negativ wirkt – weil nichts explizit falsch oder verletzend formuliert wurde.

💡 Tipp: Wenn Ihnen beim Lesen Ihres Zeugnisses auffällt, dass Aussagen fehlen, die sonst üblich sind, lassen Sie es fachlich prüfen. Beredetes Schweigen ist subtil – aber im Bewerbungsprozess kann es grosse Wirkung entfalten.

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